Anfangsrenovierung: Mieter muss im laufenden Mietverhältnis nicht renovieren
veröffentlicht am: 17.05.2016
Ausgangslage:
Grundsätzlich ist der Vermieter nach § 535 Abs. 1 BGB verpflichtet die Wohnung instand zu setzen. Dies betrifft auch die Durchführung von Schönheitsreparaturen (Streichen der Decken und Wände sowie der Innentüren und Fenster von innen). Diese Verpflichtung kann im Mietvertrag auf den Mieter übertragen werden.
Im Urteil vom 18.03.2015 (Az.: VIII ZR 185/14) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Übertragung auf den Mieter nur dann möglich ist, wenn die Wohnung in renoviert an den Mieter übergeben wurde. Möglich ist auch, dem Mieter eine unrenovierte Wohnung zu übergeben und diesem für die Anfangsrenovierung eine Gegenleistung z. B. durch mietfreie Monate zu gewähren (vgl. BGH, Urteil v. 25.10.1995, Az. VIII ZR 258/94). Das Risiko der Angemessenheit der Gegenleistung trägt jedoch der Vermieter.
Zu entscheiden war nunmehr der Fall, dass die Wohnung unrenoviert übergeben wurde und sich der Mieter zur Renovierung gegen Zahlung von 200 Euro verpflichtete.
Entscheidung:
Nach dem Urteil des LG Berlin vom 09.02.2016 (Az.: 63 S 216/14) ist der Mieter nicht gemäß § 535 Abs. 1 verpflichtet, in seiner Wohnung Schönheitsreparaturen vorzunehmen. Die grundsätzlich dem Vermieter obliegende Pflicht ist nicht wirksam auf den Beklagten abgewälzt worden. Die Regelung des Mietvertrags, wonach Schönheitsreparaturen vom Mieter getragen werden, ist eine vorformulierte Klausel. Diese ist nur wirksam, wenn dem Mieter eine renovierte Wohnung überlassen worden ist.
Unrenoviert oder renovierungsbedürftig ist eine Wohnung nicht erst dann, wenn sie übermäßig stark abgenutzt oder gar völlig abgewohnt ist. Maßgeblich ist, ob die dem Mieter überlassene Wohnung Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen Zeitraum aufweist. Es kommt letztlich darauf an, ob die überlassenen Mieträume bei einer Gesamtschau unter umfassender Würdigung aller für die Beurteilung des Einzelfalles maßgeblichen Umstände den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln.
Nach dem Mietvertrag schuldete der Vermieter keine Arbeiten und der Mieter übernahm die Räume »wie besichtigt«. In der Anlage zum Mietvertrag vereinbarten die Parteien dass der Mieter die Räume auf eigene Kosten selbst instand setzt und sie renovieren lässt. Hierfür erhielt er eine Vergütung von 200 Euro. Damit steht die Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung bei Mietbeginn fest.
Danach liegen die obigen Anforderungen an eine »renovierte« Wohnung nicht vor. Diese setzen voraus, dass grundsätzlich keine Arbeiten erforderlich sind und allenfalls nicht ins Gewicht fallende Gebrauchsspuren vorhanden sind. Bei einem solchen Zustand bestände für eine Vereinbarung wie in der Anlage keine Grundlage. Wenn die Parteien indes ausdrücklich vereinbaren, dass der Mieter die Instandsetzungen und Renovierungen bei Vertragsbeginn vornimmt, folgt daraus, dass solche Arbeiten auch erforderlich waren. Dies steht der Annahme eines Gesamteindrucks einer renovierten Wohnung entgegen.
Entgegen der Auffassung des Vermieters ist dem Mieter kein angemessener Ausgleich gewährt worden. Die vereinbarte Zahlung von 200 Euro kann nicht als angemessen angesehen werden. Auch kann sich der Vermieter nicht auf eine nach seiner Auffassung geringe Miete berufen. Weder aus der vorliegenden Vertragsurkunde noch aus sonstigen Umständen lässt sich erkennen, dass im Hinblick auf den Renovierungszustand der Wohnung bei Vertragsbeginn eine geringere Miete vereinbart worden ist. Dies ergibt sich auch nicht aus einem Abweichen der vereinbarten Miete von einer Durchschnittsmiete für Altbauten.
Oliver Fouquet
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
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