Wann gibt der Mieter die Mietsache zurück?
veröffentlicht am: 13.08.2019
Ausgangslage:
Bei Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter die Mietsache an den Vermieter gem. § 546 BGB zurückzugeben. Dies beinhaltet die Besitzverschaffung durch Schlüsselübergabe. Erhält der Vermieter die Mietsache zurück, beginnt gem. § 548 BGB die Verjährung von sechs Monaten für Ansprüche wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache. D.h. der Vermieter muss innerhalb dieser Frist Schadensersatzansprüche z.B. wegen Beschädigung des Mietobjekts verjährungshemmend (z.B. durch Klageeinreichung) geltend machen. Daher ist häufiger Streitpunkt der Zeitpunkt der Rückgabe. Es besteht keine Pflicht zur Übergabe. Gleichwohl sollte insbesondere zu Beweiszwecken eine persönliche Übergabe stattfinden. Dabei sollte ebenfalls ein Übergabeprotokoll angefertigt werden. Die Parteien sollten dieses sorgfältig überprüfen und nur unterschreiben, wenn es zutrifft. Idealerweise werden dort alle relevanten Schäden des Mietobjekts aufgeführt. Vorsicht ist geboten, wenn neben der Zustandsbeschreibung Erklärungen dahingehend enthalten sind, dass die im Übergabeprotokoll aufgeführten Mängel anerkannt werden und eine Verpflichtung zur Beseitigung enthalten ist. Das Übergabeprotoll begründet die Vermutung, dass die darin gemachten Angaben stimmen. Diese Vermutungen in Form eines Anscheinsbeweises können nur schwer im Nachhinein widerlegt werden. Mieter sind nicht verpflichtet, das Übergabeprotokoll zu unterschreiben.
Im zu entscheidenden Fall hatte der Mietermit Schreiben vom 09.11.2012 erklärt, dass er die Rückgabe der Mieträume ab sofort anbietet und Gespräche vorschlägt, nachdem noch über Rückbauarbeiten gestritten wurde. Am 08.02.2013 erfolgte dann die tatsächliche Rückgabe des Objekts. Mit Schreiben vom 13.06.2013 lehnte der Mieter weitere arbeiten endgültig ab. Gegen die am 08.07.2013 bei Gericht eingegangene und am 01.08.2013 zugestellte Klage auf Zahlung von Kosten für nicht durchgeführte Arbeiten verteidigt sich der Mieter mit der Verjährungseinrede nach § 548 Abs. 1 BGB (s.o.)
Entscheidung des BGH:
Der BGH (Urteil vom 27.02.2019 - XII ZR 63/18) sieht noch keinen Verjährungsbeginn mit dem Schreiben vom 09.11.2012, sondern erst mit der endgültigen Rückgabe des Objekts am 08.02.2013. Die Verjährung beginnt nach § 548 Abs. 1 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Das setzt grundsätzlich
• eine Änderung der Besitzverhältnisse zu Gunsten des Vermieters und
• eine vollständige und unzweideutige Besitzaufgabe des Mieters voraus.
Auf die in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich diskutierte Meinung, unter welchen Voraussetzungen der Lauf der Verjährungsfrist nach § 548 Abs. 1 BGB Ausnahmsweise beginnt, wenn der Mieter dem Vermieter anbietet, die Mietsache zurückzuerhalten, dieser sie jedoch nicht zurücknimmt, kommt es hier aus zwei Gründen nicht an: Einerseits hat der Mieter vor dem 08.02.2013 den Besitz nicht vollständig und endgültig aufgegeben, und andererseits stellt das Schreiben vom 09.11.2012 auch kein dahin gehendes tatsächliches oder wörtliches Angebot dar, weil danach eine nähere Abstimmung mit dem Vermieter über die Pflichten des Mietvertrags gewünscht wurde. Daher lag keine vollständige und endgültige Aufgabe der Sachherrschaft vor.
Folge:
Solange auch keine Rückgabe trotz beendetem Mietverhältnis erfolgt ist, hat der Mieter nach § 546 a BGB Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten Miete oder der Miete zu zahlen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist. Im Fall erheblicher Mietsteigerungen kann dann der Vermieter auch die höhere ortsübliche Miete verlangen.
Dies setzt allerdings einen Rücknahmewillen des Vermieters voraus (BGH, Urteil v. 12.07.2017, Az.: VIII ZR 214/16).
An einem Rückerlangungswillen des Vermieters fehlt es etwa, wenn er – trotz Kündigung des Mieters – vom Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht.
Solange er vom Fortbestand des Mietvertrags ausgeht, fehlt ihm der unerlässliche Rückerlangungswille. Aus welchem Motiv der Vermieter den Mietvertrag nicht als beendet ansieht, ist für den Rückschluss auf einen fehlenden Rücknahmewillen nicht bedeutsam. Entscheidend ist nicht das „Warum“, sondern allein, dass der Vermieter davon ausgeht, das Mietverhältnis bestehe fort.
Oliver Fouquet
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
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